Die 5W-Kriterien bei der Lagerplatzwahl

Sofern es die (Not-)Situation überhaupt zulässt, sich einen Lagerplatzwahl frei auszusuchen, sind ein paar Faktoren zu berücksichtigen, um die ganze Situation nicht noch schlechter zu machen. Mit den 5Ws lernt ihr die wohl häufigsten Fehler bei der Platzwahl eures Lagers zu vermeiden!

Hier die Videozusammenfassung des Beitrags.

Einleitung

Der Bau einer Unterkunft, neudeutsch “Shelter”, ist eins der wichtigsten und zugleich sehr oft unterschätzten Überlebensfähigkeiten draußen in der Natur. Aber warum eigentlich? Ist nicht das finden von Nahrung viel wichtiger oder die Aufbereitung von Rohwasser?

In nicht wenigen “Survival-Sendungen” sehen wir Menschen, die sofort nach Eintreten einer Notsituation anfangen, sich auf die Suche nach Nahrung machen oder Fallen erstellen und auslegen, in der Hoffnung tierisches Eiweiß zu erhalten. Das ist für die Dramaturgie einer Fernseh-Sendung mit großer Sicherheit sehr förderlich und für die Zuschauer auch viel Interessanter anzuschauen, als der “vermeintlich” langweilige Bau einer Unterkunft, spiegelt aber leider nicht die Realität da und vermittelt ein falsches Abarbeiten der Survival-Prioritäten (Feuer, Schutz/Shelter, Wasser, Nahrung).

Die Fähigkeit des Baus von verschiedenen Notunterkünften in Notsituationen und verschiedenen klimatischen Bedingungen ist eine oftmals unterschätzte aber elementare Überlebensfähigkeit!

Der Bau einer Notunterkunft, sowie das anschließende darin verweilen und schlafen, wenn man es so überhaupt nennen darf, wird sich von vielen Menschen oft romantischer vorgestellt, als es in Wirklichkeit ist. Notunterkünfte sind, wie der Name schon sagt, eine Unterkunft in einer Notsituation und eignen sich daher nur für das Durchstehen von ein paar Nächten bis endlich Rettung in Sicht ist.

Lagerplatzwahl

Allgemein

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang. “ – So schrieb es eins Friedrich Schiller. Das mit dem prüfen, sollten wir bei unserer Lagerplatzwahl jedoch ebenfalls mit Herz und Verstand berücksichtigen.

Sofern es die (Not-)Situation überhaupt zulässt, sich einen Lagerplatzwahl frei auszusuchen, sind ein paar Faktoren zu berücksichtigen, um die ganze Situation nicht noch schlechter zu machen, als sie vielleicht schon ist. Die nachfolgenden Faktoren berücksichtige ich aber auch im “normalen” Alltag z.B. wenn ich selbst für eine längere Zeit an einem Platz im Wald verweilen möchte. Ob alleine, als Kursleiter einer Gruppe, bei Outdoortrainings oder dem Bau der Notunterkunft. Die Faktoren sind immer im Hinterkopf!

Die 5W Faktoren

Vorab: Ein Lagerplatz sollte grundlegend weder versteckte noch offensichtliche Gefahren aufweisen. Wenn ich also unter einem Hang stehe und sehe, dass ringdsherum schon Steine rumliegen, dann ist es offensichtlich einfach nicht der richtige Platz für mein Lager. Und wenn ich vermute, dass im Fluss nebendran sich Krokodile befinden, dann halte ich respektvollen Sicherheitsabstand zu diesem.

Im nun nachfolgendem möchte ich euch die 5W Faktoren vorstellen, die ihr ab jetzt immer im Gedächtnis haben solltet.

Widowmaker (Witwenmacher)

Bei der Auswahl meines Lagerplatzes halte ich ausschaue nach sogenannten Witwenmachern (Widowmaker). Das sind tote/kranke Bäume oder Äste in der Krone. Der Ast kann aber auch schon lose auf einem anderen Ast aufliegen und bei der kleinsten Bewegung zu Boden fallen. Schaut euch daher immer die euch umgebenden Bäume von unten nach oben an und durchsucht die Kronen nach solchen Witwenmachern! Auch ein vermeintlich kleiner Ast kann aus großer Höhe mühelos euch schwere Verletzungen zufügen.

Toter Ast hängt im Baum (Witwenmacher)

Wind

Woher kommt der Wind?

Beim Bau einer Notunterkunft, egal ob Baumkoje, Debris-Hut oder einer anderen Art der Unterkunft schaue ich, dass die Unterkunft/Eingang zur windabgewandten Seite gebaut ist. Es ist wichtig, dass wir uns so wenig wie möglich den Elementen wie z.B. Wind aussetzen, um eine evtl. weitere Unterkühlung möglichst zu vermeiden (Windchill).

Water (Wasser)

Wenn ich die Möglichkeit habe, schaue ich, dass mein Lagerplatz in der Nähe einer Wasser-Ressource liegt. Das kann ein Fluss oder Bach sein. Allerdings baue ich mein Shelter nicht direkt neben dem Fluss. Flüsse können bei starken Regen anschwellen und über die Ufer treten. Schnell bekomme ich mitten in der Nacht nasse Füße und mein Shelter ist nicht mehr nutzbar. Zudem sammelt sich in Flussnähe viel Luftfeuchtigkeit. Etwas Abstand zum Fluss oder Bach kann auch schon wegen den Mücken/Schnacken oder anderer Wildtiere nicht schaden.

Flüsse können bei Starkregen über die Ufer treten

Wood (Holz)

Ist Holz für den Bau meiner Unterkunft verfügbar?

Um sich überhaupt ein gutes Lager oder eine Notunterkunft bauen zu können ist es vom Vorteil, sich ein Platz zu suchen, bei dem Holz sowie Laub zur Verfügung steht. In vielen Wäldern Deutschlands wird mittlerweile das Totholz nicht mehr aus dem Wald geholt, so dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Holz in ausreichender Menge vorhanden ist. Auch für das spätere Lagerfeuer (Rechtslage beachten!) ist die Verfügbarkeit von Holz elementar.

Wildlife (Wildtiere)

Was haben Wildtiere mit meiner Lagerplatzwahl zu tun, magst du dich gerade fragen? Nun, wenn du dein Lager auf einem Wildwechsel (Straße der Wildtiere) baust oder auch nur deine Hängematte dort aufhängst, musst du damit rechnen, dass sich Abends Familie Wildschwein und Co. sich wundert, wer da auf seiner Straße übernachtet. Schaut also vorher, ob ihr euch auf so einem Wildwechsel befindet und weicht nach Möglichkeit auf einen anderen Platz aus.

Wildtiere nutzen Pfade (Wechsel)

Übernachten

Grundlegend solltet ihr bei geplanten sowie auch bei einer ungeplanten “Übernachtung” die nachfolgenden Punkte beachten:

  • Neben der Unterkunft ist eine Isolation gegen den Boden “überlebenswichtig” Eure Unterkunft kann so gut sein wie sie möchte. Liegt ihr auf dem blanken Boden so kühlt ihr unweigerlich aus.
  • Wenn möglich sollte die Lagerstelle möglichst flach sein. Wenn das nicht möglich ist, schlaft mit dem Kopf nach oben. So vermeidet ihr Kopfschmerzen am nächsten Morgen.
  • Übernachtet nicht in Senken oder in unmittelbarer Nähe zu Gewässern.
  • Prägt euch die unmittelbarer Umgebung vor der Nacht ein, falls ihr Abends die Unterkunft verlassen müsst.

Zusammenfassung

Wenn ihr eine (Not-)Unterkunft bauen müsst, so fangt min. 3 Stunden vor Sonnenuntergang damit an. Der Bau benötigt Zeit und im Dunkeln kann das ohne Vollmond oder einer Lichtquelle doch recht herausfordernd werden.

Habt ihr die Unterkunft fertig erstellt, so entnehmt in einen Umkreis von 100 – 150 Metern um euren Lagerplatz keine Ressourcen wie z.B. Brennholz oder essbare Wildpflanzen.

Mit dieser “Sicherheitsmaßnahme” stellt ihr sicher, dass ihr auch noch an Feuerholz oder essbarem kommt, wenn ihr verletzt oder krank seid.

Die 5W-Faktoren noch einmal kurz zusammengefasst:

  • W(idowmaker) – Witwenmacher – Das sind tote Bäume oder Äste, die auf euer Lager fallen und dabei jemanden verletzten oder gar töten können. Schaut bei der Auswahl eurer Lagerplatztes immer mal nach oben in die Krone der Bäume und haltet Ausschau nach toten Ästen. Schaut euch aber auch den Baum selbst genau an.
  • W(ind) – hat auf unsere Körpertemperatur einen beachtlichen Einfluss (Stichwort: Windchill). Identifiziert die Windrichtung und baut euer Lager so, dass es den Wind blockiert. Nutzt dazu auch die natürliche Vegetation wie z.B. Sträucher oder Felsen.
  • W(ater) – Der Zugriff auf eine Wasserressource ist ebenfalls ein elementarer Faktor. Es wird nicht nur Wasser zur Trinkwasserversorgung und Essenszubereitung benötigt, sondern auch zur Hygiene oder der Reinigung von Kleidung und Ausrüstung
  • W(ood) – Schaut, dass euer Lagerplatz euch genügend Holz bietet. Ihr braucht es für den Bau eurer Lagers selbst und für das Entfachen und Erhalten eines Lagerfeuers.
  • W(ildlife) – Prüft vor dem Bau eures Lagers ob an dieser Stelle ein Wechsel oder Pass von Wildtieren verläuft. Das sind nämlich die Landstraßen und Autobahnen der Wildtiere. Steht dort euer Lager dürft ihr nicht überrascht sein, wenn ihr Abends von einer Rotte Schwarzwild geweckt werdet. In anderen Ländern gibt es zudem weitaus gefährlichere Wildtiere als das Wildschwein.

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